Mittwoch, September 15, 2010

Erweiterte Doktorspiele

Doktorspiele. Den Begriff kennen sie bestimmt.
Damit bezeichnet man bei kleinen Kindern gerne die ersten zarten, spielerischen und harmlosen Annäherungen an das andere Geschlecht. Das erste Kennenlernen körperlicher Nähe außerhalb der eigenen Familie. Ein völlig natürliches, wenn auch unter Eltern oftmals eher peinliches Thema.


Die DAK hat diesen Begriff nun an unsere moderne Gesellschaft angepasst.
Wie auch schon die Ehefrau unseres Verteidigungsministers zu Guttenberg treffend bemerkt hat, ist „Pornografie längst Bestandteil der Jugendkultur geworden“
Manche Bühnenshow aktueller Popstars geht über das Geschehen auf Hamburgs Reeperbahn hinaus. Kinder und Jugendliche sind mit einer Selbstverständlichkeit von Pornografie umgeben, die vor nicht allzu langer Zeit nicht für möglich gehalten wurde. Fernsehen, Internet und Handy-Videos. Die Fleischbeschau -von Lady-Gaga nunmehr mit ihrer neuesten Kostümkreation direkt benannt- als Bestandteil unserer Konsumgesellschaft.

Und so will die DAK, als moderne und zeitgenössische Krankenkasse natürlich auch nicht hinten an stehen. Und bezeichnet, was sich jüngst in einer Sylter Kurklinik ereignete, mehr als verharmlosend als erweiterte Doktorspiele Darunter zu verstehen: Flaschendrehen mit Handlungen, die normalerweise nur nach Mitternacht auf einschlägigen Kanälen zu sehen sind. Wohlbemerkt: Wir sprechen hier von Kindern im Alter von 9-13 Jahren. Wobei die Kinder „ mehr oder weniger“ gerne mitgemacht hätten. Was hat man sich denn eigentlich unter „ weniger gerne mitgemacht“ vorzustellen? Gruppenzwang und Androhung von Gewalt? Und wieder hat kein Betreuer etwas bemerkt?

Jedenfalls liebe DAK:
„Erweiterte Doktorspiele“ sollte in den Katalog der Unwörter des Jahres aufgenommen werden. Und wer auch immer derart verharmlosend über diese Vorkommnisse in ihrer Klinik schreibt, dem sollte man in den erweiterten Rücken treten.

2 Kommentare:

gangsta hat gesagt…

Hier bin ich ganz deiner Meinung. Leider werden gerade durch Lady Gaga und Co. die Schamgrenzen immer tiefer gesetzt. Wenn man denkt das Wörter wie z.b. "Geil" in den 80ern noch verpönt waren und heute schon beinah in den Fibeln der Erstklässler aufgenommen werden fragt man sich wirklich wohin das noch führen soll. Und das gerade eine Krankenkasse auf den aktuellen Pornohype anspringt find ich das doch äußerst bedenklich.Auch wenn ich meine damaligen "Doktorspiele" nicht missen möchte. Die Verantworlichen der DAK sollten solche Werbemethoden doch tunlichst überdenken. Unsere Großeltern würden sich wahrscheinlich "im Grabe umdrehen" . Und dann nochmal Danke fürs verlinken. Backlink ist selbstverständlich gesetzt.

Dietmar hat gesagt…

Und in dem Moment, wo Schamgrenzen überschritten wurden ist so mancher schon auf der Suche nach neuen Grenzen, die es gilt zu überschreiten. Um des Profits, des Ruhmes willen, aus Werbegründen oder aus narzistischen Gründen. Und so lernt unsere Jugend ( und nicht nur diese)immer öfters, dass es in unserer Gesellschaft inzwischen Normalität ist,moralisch-ethische Grenzen dauerhaft zu sprengen ohne die Verantwortung für evtl. Folgen übernehmen zu müssen.
Und nur aus dieser Veränderung unserer Gesellschaft heraus ist es auch zu erklären, wenn eine Krankenkasse in einer ersten Reaktion sexuelle (Miss)handlungen in einer Kinderklinik als Bagatelle behandelt.

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