Momentan im Angesicht der Bankenkrise, der Wirtschaftskrise, der Globalisierungskrise, der SPD-Krise, der Gesundheitsfondkrise und sonstiger Krisen habe ich noch eine weitere Krise entdeckt. Die (Des-)Informationskrise.
Momentan kursiert das vorgenannte Gedicht im Internet und es wurde wohl auch schon von einigen Zeitungen als Original aus dem Jahre 1930 von Kurt Tucholsky veröffentlicht. Das System ist einfach. Der interessierte Leser entdeckt etwas Interessantes in irgendeinem Blog, kopiert es, stellt es auf seinen eigenen Blog, gibt es als Kopie an seinen Freund und in einer Art Schneeballsystem wird aus Humor, Satire oder Verwechslung eine neue Wirklichkeit.
Können sie sich noch an die Bonsai-Katzen entsinnen? Ist schon eine Weile her und hat für viel Aufregung gesorgt. Bestürzte Tierschützer sammelten Unterschriften, Klagen wurden verfasst, es bildeten sich Anti-Bonsai-Gruppen, Massen-Emails gegen die Tierquäler wurden in Umlauf gebracht. Dabei war das ganze nur -wenn auch sehr zweifelhafte und geschmacklose- Satire. Oder vielleicht doch nicht?
Mit derselben Geschwindigkeit, in der echte Informationen verbreitet werden, verbreiten sich in unserer modernen Kommunikationsgesellschaft auch Gerüchte und fälschlicherweise oder absichtlich ausgestreute Fehlinformationen.
Wissen sie genau, ob der Beitrag in dem Blog ihrer Wahl der Wahrheit entspricht?
Wenn ich jetzt hier einen Artikel darüber verfassen würde, dass der neue Präsident der USA laut der New York Times der Herstellung von Bonsaikitten beigewohnt haben soll, würden sie das glauben? Würde nur die Andeutung, er habe in seinem Office ein Glas mit Bonsaikitten stehen selbst unter Bekräftigung der Unwahrscheinlichkeit einer solchen Tat, eine Kettenreaktion auslösen und einen Aufmarsch gewalttätiger Tierschützer vor dem Weißen Haus? Vielleicht finden sie demnächst in Google unter den Suchbegriffen "Präsident, Weißes Haus und Bonsaikitten" den ersten Hinweis auf diese Satire hier.
Glauben sie "Alles", was in Wikipedia steht? Wissen sie eigentlich, dass die Herausgeber von Wikipedia verdächtigt werden, von AlQuaida finanziert zu werden? Mit dem Zweck der gezielten Desinformation und der Verbreitung unterschwellig wirksamer Botschaften im Kampf gegen den Kapitalismus. Eine derart gezielt gesteuerte Fehlinformation der weltweiten Bevölkerung könnte verheerende Wirkungen haben. Stellen sie sich einmal vor, niemand könnte mehr dem Internet als Informationsquelle Glauben schenken? Auf die Frage, wann Goethe geboren wurde, erhielten sie 25 verschiedene Antworten. Trotz bester Wirtschaftsaussichten erhielten sie über einige bekannte Portale die Informationen, die Börse stünde kurz vor dem Zusammenbruch und jeder sollte schnellstmöglich seine Aktien verkaufen.
Ist natürlich Quatsch! Natürlich ist Wikipedia nicht von AlQuaida gesponsert. Oder vielleicht doch oder nicht oder doch nicht?
Wer entscheidet, wer sagt uns, was wahr ist oder nicht? Erschaffen wir uns demnächst eine virtuelle Wahrheit, die mit der Realität nichts mehr zu tun hat? Und wird diese virtuelle Wahrheit, wenn sie lange genug verbreitet wird, dann irgendwann zur Realität? Wie war das eigentlich mit dem Weihnachtsmann? Den hat doch Coca-Cola erfunden, oder?
Ich bin nur froh, dass meine Leser - alle 3 - diesen ganzen Quatsch von den Bonsaikitten im Weißen Haus im Office des Präsidenten und der von AlQuaida finanzierten Verbreitung von Desinformationen über Wikipedia nicht glauben.
Oder doch oder nicht oder doch nicht? Wer weiß das schon.
Samstag, November 15, 2008
Desinformationsgesellschaft
Eingestellt von Dietmar um 8:15 AM
Labels: Einsichten und Ansichten, Gesellschaft
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