Es mag sie verwundern, so spät noch einen Artikel zum Weltspartag zu lesen. Doch leider ist unser rasender Reporter Fearless Joe erst soeben aus der psychiatrischen Anstalt für Weltspartagsgeschädigte entlassen worden. Und konnte erst jetzt seinen Erlebnisbericht übermitteln.
Donnerstag Morgen. 8.25 Uhr
Drückende Stille lastete über dem Raum, der sauber und ordentlich hergerichtet auf das Grauen wartete. Bunte Luftballons schwebten leicht schwingend über den Tischen.
Putzige Plüchbärchen und-mäuschen made in China harrten zu Türmen aufgebaut ihrer zukünftigen Bestimmung.
Und hinter den Tischen standen die Auserkorenen, die Hartgesottenen und die, welche den Wettkampf um die sicheren Plätze im Hintergrund verloren hatten.
In der unerträglichen Stille war nur das leise Summen der Geldzählmaschinen zu hören.
Furcheinflößend, unheilschwanger.
Mein Blick war starr auf die noch verschlossenen Eingangstüren gerichtet, vor dem sich der Schatten der Meute abzeichnete, welche die trügerische Stille in Chaos und Vernichtung verwandeln wollte.
8.28 Uhr
Die ersten Schweißperlen rannen meine Stirn herab. War es die drückende Schwüle oder schon die aufkeimende Angst, die sich unaufhaltsam ankündigte.
In die atemlose Stille hinein dröhnte jetzt das tosende Gluckern meines übernervösen Magens wie die pazifische Brandung an einem Gewittertag.
8.30 Uhr
Die automatisch öffnenden Türen ließen keine Zeit mehr für weitere Überlegungen.
"Fog - Nebel des Grauens" ist eine Humoreske gegen das nun hereinbrechende Chaos.
Den gewaltigen Sturm der nach Geschenken dürstenden Masse, die gegen den Schutzwall aus Tischen anbrandete. Nach der vorherigen Stille hämmerte das Brüllen und Toben wie Presslufthämmer gegen mein Trommelfell.
Und es kam, wie es kommen musste.
Ein riesiges, mit zerknitterten Geldscheinen gefülltes Schwein mit winzigen Öffnungen, die das Schlimmste befürchten ließen.
Unter den sengenden Blicken eines bunthaarigen Teenagers zog ich Schein für Schein in stundenlanger aufopfernder Geduld aus dem Bauch des Borstentieres. Während meine Finger sich an der scharfkantigen Öffnung in eine blutende Masse verwandelten.
Schmerzüberflutet, aber voller Stolz zog ich den letzten Schein aus dem tiefen Bauch des Tieres unter den gnadenlosen Blicken seines Besitzers.
Ein paar Formalitäten, das riesige Schwein zurück.
Und dann der Fehler. Gedankenlos drückte ich dem Teenie eines der süßen, knuddeligen Plüschbärchen in die Hand. Als Dankeschön für seine aufopfernde Geduld.
"Hier, junger Mann-Was zum kuscheln"
Und noch während ich dies sagte, wurde ich mir meines Fehlers bewusst. Die dunklen Augen des Teenies zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, wurden noch dunkler. Seine durch Lippen und Zunge gezogenen Ringe fingen an zu vibrieren, eine tiefe Zornesröte schoss in sein aknegezeichnetes Gesicht.
"He Alter, willst du mich versch.....?"
Nur das beherzte Eingreifen seiner Mutter verhinderte Schlimmeres "Ist der Süüüß, gell Anton?" Und so zog er letzten Endes, gedemütigt und seines Stolzes beraubt mit dem knuddeligen Bärchen in seiner skelettverzierten Hand davon.
Während das Gluckern in meinem Bauch inzwischen Orkanstärke angenommen hatte.
"Hallo Kleine, willst du auch sparen?"
Was gut gemeint war, sollte böse enden. Zu spät sah ich ihre sechs Geschwister, bepackt mit Schweinen, Bären, Maulwürfen und Plastiktüten. Gefüllt mit Kleingeld aus aller Herren Länder. Sowie Reißzwecken, Büroklammern, Nadeln und Knöpfen.
Au weia- das tat weh, jetzt echt.
Das dringende Bedürfnis auf´s Klo zu gehen unterdrückend machte ich mich an die schmerzhafte Aufgabe. In stumpfer Monotonie, den Schmerz in meinen reißzweckenbedeckten Händen unterdrückend, das nun übermächtige Reißen und Dröhnen meines Magens überhörend, leerte, sortierte und verfluchte ich Tier für Tier, Tüte für Tüte.
Doch auch dieses inquisitorische Geschehen sollte ein Ende haben und so drückte ich den süßen Kleinen ihre wohlverdientes Bärchen in die fordernden Händchen.
"Hast du nicht was anderes. Ein Handy wäre super. Oder irgendwas elektrisches. Und hast du Gummibärchen? Die andere Bank hat uns Gummibärchen gegeben. Warum gibst du uns keine Gummibärchen? Wir wollen Gummibärchen!! Gummibärchen... Gummibärchen... Gummibärchen..."
Stunden und qualvolle Erlebnisse später betrat der Albtraum meiner Wachträume persönlich den Raum.
Im Zeitlupentempo näherte sich mir eine 25L-Magnum-Flasche. Mit engem, schmalem Flaschenhals. Bis zum Rand gefüllt mit kleinsten Münzen. Getragen ob des Gewichtes von vier starken Männern. Und hinter der Flasche der stolze Besitzer dieses menschenverachtenden Monstrums. Dieser kleine, pockennarbige pupertätsgeschädigte Junge, der seit Wochen Tag für Tag mit einem listigen Grinsen Kleingeldrollen geholt hatte. "Gibt ´ne Überraschung" hat er gesagt. "Für wen?" "Wirst´ schon sehen".
Die abrupt einsetzende Stille tat weh.
Das darauf folgende, allzu brutale Geschehen sollte später als das Massaker in der Sparschweinebucht in die ewige Geschichte eingehen. Das letzte an was ich mich erinnern kann, ist der riesige Vorschlaghammer in meinen Händen, ein gewaltiges Klirren und Schreien und dann wurde es Nacht um mich herum.
Dienstag, November 11, 2008
Abenteuer Weltspartag
Eingestellt von Dietmar um 10:49 AM
Labels: Die Reportagen des Fearless Joe
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