Mittwoch, September 08, 2010

Sarrazin – Stich ins wunde Fleisch

Wer kennt ihn inzwischen nicht? Diesen Mann mit den markanten Karl-Dall-Hängeaugen und der nicht äh, weniger äh, hm also äh Stoiberhaften Sprache.
Sarrazin, der Mann der mit so wenig so viel Aufruhr verursacht.
Was ist eigentlich so grundlegend neu an seinen Aussagen?
Vorweg sein Ausflug in die Mendelsche und Erbschaftstheorie. Es gibt ein Judengen. Ja warum denn nicht. So rein völkerkundlich und regional betrachtet. Es gibt doch auch ein Asiatengen, ein Schwedengen und ein Afrikagen. Woher sollen die Babys sonst denn wissen, ob sie mit Schlitzaugen, dunkelhäutig pigmentiert oder mit blauen Augen auf die Welt kommen sollen? Oder halt mit Baskenmütze oder Rauschebart.
Ist dass jetzt wirklich so ein Aufreger. Schwierig wird’s nur, wenn ein Jude zum Christentum konvertiert. Konvertiert dann so ein Gen mit? Aber dass ist jetzt wohl eher eine religiöse denn eine völkerkundliche Sache. Vergessen wir diesen kurzen Abstecher in die unergründlichen Tiefen der Wissenschaft. Er soll wohl eh´ nur ablenken vom Kern.


Also: Was lernt der einfache Mann von der Straße aus Sarrazins wissenschaftlichen Studien:
… es ist nicht so einfach, in der Schule zu bestehen, wenn man mangels Deutschkenntnis nur Bahnhof versteht. Nicht aber die Worte des Lehrers.
… Es gibt Parallelgesellschaften (oder besser: Asynchron lebende Gesellschaften) in Deutschland. Gruppen, die lieber unter sich bleiben, statt sich in die Gesellschaft zu integrieren. Komplette Straßenzüge in Großstädten in Arabisch-Türkischer Hand. Gelungene Integration oder Abschottung?

… Unter „nichtintegrierten“ Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist die Kriminalität und Gewaltbereitschaft höher als im Durchschnitt. „He Alter!! Was guckst du!!“ ist in manchen Gebieten nicht humorvoll gemeint, sondern Aufforderung, die Beine in die Hand zu nehmen.

… „Der Islam“ ist nicht nur friedliche Weltreligion. Er symbolisiert auch Gewaltbereitschaft, wird von Politikern als Machtinstrument missbraucht, steht für Frauenfeindlichkeit, das Individuum verneinenden Gruppenzwang und Ehrenmord. Der Islam in seiner fundamentalistischen Ausprägung ist nicht integrationsfähig.

… Deutschland verdummt! Trotz aller Proteste: Wenn dass nicht zutrifft, warum sucht die Wirtschaft seit Jahren verzweifelt in Tschechien, Polen, Rumänien oder sonstigen Länder Auszubildende, die wenigsten bis 10 zählen und schreiben können. Gerade jetzt ruft der DIW wieder zu einer intelligenten Einwanderungspolitik auf. Ist Deutschland wirklich so tief gesunken, dass es seine notwendigen Fachkräfte nicht mehr selber auszubilden vermag?
Wobei es bestimmt unfair wäre, hier nur unsere mehr oder weniger integrierten Mitbürger als Ursache zu erkennen.
Sicherlich haben RTL, Sat1 und Pro7 mit ihren Hirnzellenvernichtenden Serien auch einen markanten Anteil an der Entwicklung. 24Std. rund um die Fernsehuhr. Ebenso aber auch eine hausgemachte, von Politik und Wirtschaft gleichermaßen geschaffene Bildungsmisere.

… Ja und natürlich gibt es noch immer eine gewisse Schicht, die sich gemütlich im HartzIV-Raum eingerichtet hat. Dauerhaft.

Sind das jetzt wirklich so völlig neue Erkenntnisse? Warum auf einmal so viel Theater?
Und wenn man die Punkte nicht provokativ verallgemeinert, wie Sarrazin es macht, sagt sich doch so mancher: Stimmt doch!
Sarrazin ist mit seinem Gebrüll der Stachel im Fleisch. Er provoziert, übertreibt und zeigt eines ganz deutlich auf:
Nämlich dass die von ihm aufgezählten Thesen nicht der Diskussion wert wären, wenn die Politik nicht nur geredet, sondern gehandelt hätte. Einfaches Thema als Beispiel. Deutschkenntnisse. Was gibt es da eigentlich zu diskutieren. Wer eine deutsche Schule besucht, muss Deutsch Sprechen und Schreiben können. Basta. Doch noch vor kurzem galten Aussagen dieser Art als rassistisch und völkerverachtend. Jetzt erkennen sogar die Grünen in einer derartigen Forderung eine gewisse Logik.

Und so oder so ähnlich spricht Sarrazin Vieles aus, was bisher mancher eher heimlich und zurückhaltend dachte. Und wenn Sarrazin sich nicht so wagemutig auch auf das ihm fremde Feld der Gen- und Intelligenzforschung geworfen hätte, hätte man ihn wohl noch ernster nehmen müssen.
Jedensfalls kann man die teils harten Reaktionen aus der Politik wohl nur so verstehen: Da bekommt jetzt so mancher den Spiegel einer verfehlten Schul- und Integrationspolitik vorgehalten. Und das tut weh. Und als Reaktion ist es natürlich einfacher, Herrn Sarrazin und einige Miniberockte Beispiele gelungener Integration in den Mittelpunkt allen Interesses zu stellen als eigene Fehler und Versäumnisse.

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