Dienstag, Dezember 15, 2009

Christmas-Shopping

Vielleicht haben sie es ja im vorweihnachtlichen Stress nicht so mitbekommen. Oder sind sich der enormen Tragweite des neuen Bundesverfassungsgerichtlichen Urteils gar nicht so bewusst. Hier spielt sich eine Tragödie unvermuteten Ausmaßes direkt vor unseren Augen ab. Mitten im trotz Finanzkrise noch so reichen Deutschland regiert die blanke Panik bei Geschäftsleuten einerseits und Einkaufswilligen andererseits. Millionen unschuldiger Existenzen stehen auf dem Spiel. Und weitere Millionen trauriger, unschuldiger, tränengefüllter Kinderaugen werden spätestens nächstes Jahr die Fehlerhaftigkeit dieses Urteils bekunden. Wenn unter dem Weihnachtsbaum statt IPod oder Mario´s Flachbildfernseher nunmehr wieder Oma´s selbstgestrickte Socken liegen.


Das Bundesverfassungsgericht hat auf Klagen der Kirchen dem ungehemmten Einkaufswahn auch an Sonn- und Feiertagen einen Riegel vorgeschoben.
Meine Güte: Jetzt laufen Millionen Einkaufswilliger mit prall gefüllten Geldbeuteln durch Berlin und werden ihr Geld nicht los. Da stellt sich einem doch wirklich die Frage, was Weihnachten noch für einen Sinn hat, wenn auf Grund derart menschenverachtender Urteile der Heiligabend zum Trauerfest verkommt.
Ein paar übriggebliebene Kekse, ein nadelnder Baum oder auch gerne aus Kunststoff und ein paar geträllerte Christmas-Songs von der Karaoke-CD. Das soll Weihnachten sein?

Was haben sich die Richter am Bundesverfassungsgericht bei diesem Urteil nur gedacht? Das ist so was von praxisentfremdet. Haben die wirklich noch nie das ultimative Massenerlebnis berauschende Kollektiveinkäufe an den Weihnachtstagen erlebt?
Was gibt es schöneres, als sich an den Adventssonntagen, besser noch am Heiligabend mit Tausenden von Gleichgesinnten im Shoppingcenter zu vereinen im christlichen Shoppingrausch. Nirgends sonst wird christliche Nächstenliebe ohne körperliche Berührungsängste so ausgelebt wie im Gedrängel des Konsumwahns.

Das ist fast so anheimelnd wie in den aus vielen Berichten bekannten Szenen in manchen außereuropäischen Hauptstädten. Hunderttausende johlender und fanatischer Menschen ziehen durch die Straßen, schießen in die Luft und grölen stimmungsvolle Parolen. Nur dass Schusswaffen in deutschen Einkaufszentren natürlich verboten sind und wir statt hübscher Plakate mit bärtigen Männern lieber Einkaufsgutscheine schwenken. Jede Nation hat eben ihren ganz persönlichen Gott.

Tausende beglückter Kunden, die mit vor seeliger Erschöpfung leeren Augen durch das Gewühle hasten, vollgepackt mit Plastiktüten und nörgelnden Kleinkindern. Und im Hintergrund donnert mit 5000Watt die "stille Nacht" oder der "leise rieselnde Schnee" durch den Luxustempel der Freuden. Und direkt neben dem glücksspendenden kleinen Kinderkarussel bietet die 100x100m hohe Werbewand die neuesten westlichen Erungenschaften an.

Außerdem: Was gibt es schöneres als die strahlenden tiefblauen Augen verzückter Verkäuferinnen, die sich an der Hektik und den Verkaufszahlen des weihnachtlichen Verkaufsrummels erfreuen. In der Gewissheit, dass ihre Kinder bestimmt Verständnis haben, wenn Mutti wie die letzten Jahre zu Heiligabend aus Zeitmangel Döner serviert. Zumal wenn der Laden nach Weihnachten eh´ dichtmacht. Das ist der ultimative Kick der Neuzeit.

Und noch etwas. Dieses blöde Gequatsche von wegen, man könne den Euro nur einmal ausgeben. Diese Zeiten sind spätesens seit der Null-Prozent-Finanzierung doch endgültig vorbei. Warum den Euro nicht drei oder viermal ausgeben. Alles kein Problem mehr.

Nein, nein liebe Richter und Kirchenvorstände. Eure verschrobene Auffassung von Seeligmachung und Familienglück passt nicht mehr in die moderne Zeit. Glück ist, was der Wirtschaft nutzt. Sonst gar nichts. Und von wegen Kling Glöckchen und so´n Sch....
Süßer die Kassen nie klingeln. Das Geräusch klappernder Registrierkassen - das ist das einzig Wahre.
Hasta la vista, Weihnachten.

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